"Du kannst eben nicht alles haben!"



Wieso es dennoch nicht so schlimm ist, wenn Mama «versagt».
Mir wurde schon oft vorgeworfen, ich könne nicht alles haben. Eine funktionierende Familie, eine gut laufende Firma, glückliche Kinder und einen Mann, der mich liebt. Meistens tue ich diese Kritik ab und widme mich dem, was eben gerade ansteht. Denn ja, es ist viel. Die Tage sind gefüllt mit Terminen, Telefonaten, Arbeit, Hausaufgaben, Haushalt, Kochen undundund.
Aber ungefähr 300 Tage im Jahr geht alles gut. Ich habe noch kein Kind vergessen abzuholen (einmal fast, aber dazu ein andermal mehr), keiner meiner Kunden ist am Flughafen stehen geblieben, Mahlzeiten wurden keine verpasst, Mitarbeiterinnen werden immer pünktlich bezahlt, die Wäsche ist meist gewaschen, der Haushalt mehr oder weniger erledigt, der Kühlschrank voll.
Es gibt aber immer wieder Situationen, da denke ich «Jetzt ist es soweit. Ich habe versagt.» Das fährt richtig ein. Und offenbar nicht nur mir. Einer kürzlich geführten Online-Umfrage von Career Castzufolge, ist es nicht die Vielfalt an Aufgaben, die uns stresst. Auch nicht die Anzahl. Nervlich belastend ist das Unvorhergesehene.Von 834 Befragten – davon ca. die Hälfte Frauen – gaben ein Viertel an, dass es sie am Meisten stresst, wenn etwas passiert, womit sie nicht gerechnet haben.
Wenn ich morgens aus dem Haus will und ein Kind krank ist. Gerade heute! Da ist doch dieser Messeauftritt. Den DARF ich nicht verpassen! Oder Papa kann die Kleine nicht abholen, er steht im Stau. Oder mein Reservationssystem im Reisebüro liegt flach, dabei habe ich doch so viele Anfragen! Ach ja und wenn ich diesen Blog schreiben will und selber krank werde...
Das sind die Tage, in denen ich – obwohl schon viele Jahre berufstätige Mutter – panisch werde. Als würde die Welt untergehen, wenn ich heute nicht arbeiten kann. Oder heute eben nicht mit Tochter zum Basteln kann, weil etwas dazwischen gekommen ist. Hier gesellt sich zur Panik noch das schlechte Gewissen, allgegenwärtig in brenzligen Situationen.
Diese Panik bahnt sich den Weg aus meinem Verstand in den Bauch (weh) zum Herzen (rasend), um dann wieder zum Verstand zu gelangen. Ich kann nicht mehr. Was soll das Ganze? Wieso tue ich mir das an? Doch eben dieser Verstand sagt mir dann – sofern ich mich bis dahin beruhigt habe – ich solle mir mal überlegen, ob mir diese Situation in zwei Monaten immer noch Herzrasen verursacht. Will heissen: «Ist es wirklich so schlimm?». Fast immer kann ich mit «Nein» antworten. Verstand an Herz: «Beruhig’ dich erstmal wieder». Herz an Gesichtsmuskeln: «Lächeln!» Geht doch. Alles halb so schlimm.
Wir berufstätigen Mütter müssen alles im Griff haben. ALLES. Damit nichts Unvorhergesehenes passiert. Meist haben wir das auch. Und wenn nicht: Lächeln! Es kommt bestimmt sehr bald das Nächste «Siehst du. Du kannst nicht alles haben.» Und dem will ich eben mit einem Lächeln begegnen. Denn was bedeutet schon ALLES?

Dieser Artikel erschien erstmals heute auf wireltern.ch

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